Kapelle St. Nikolaus
Kein anderer Heiliger ist über die Jahrhunderte hinweg so gleichbleibend populär geblieben und hat so mannigfaltige Formen des weltlichen wie kirchlichen Brauchtums hervorgerufen wie der heilige Nikolaus. Er ist der volkstümlichste aller Heiligen. Ein Mann, der als durch und durch gutmütiger Mensch geschildert wird, einer, der geliebt, geachtet und verehrt wird. Nennt man nur schon seinen Namen, tauchen bei den meisten Menschen spontan Kindheitserinnerungen auf und werden weihnachtliche Gefühle ausgelöst. Es ist eine Tatsache: Trotz ihrer schon über eineinhalbtausendjährigen Geschichte lebt die Nikolausverehrung bis heute ungebrochen fort.
Sie stützt sich dabei auf eine Vielzahl von Legenden, in die sogar die Lebensbeschreibungen anderer gleichnamiger Heiliger (der heilige Nikolaus ist ja nur einer von mehreren ,,Nikoläusen“ in der Kirchengeschichte!) eingegangen sind! Solche breitgestreute Verehrung macht einen Heiligen zum idealen Patron.
Und deshalb ist auch seine Patronatsvielfalt ausgebreitet wie kaum bei einem anderen Heiligen: Er gilt, um nur wenige Beispiele zu nennen, als Schutzherr der Kinder und Schüler, der Seeleute und der Bäcker. Warum? Das wird später bei der Schilderung der vielen Legenden im einzelnen noch deutlich werden. Dabei hängt diese Verehrung heute nicht mehr nur wie früher ausschliesslich mit dem katholischen Glauben zusammen. Sie ist heute auch ein Zeichen der Sehnsucht nach einem Stück Kinderland, nach heiler Welt von früher.
Und so hat sich die Form der Nikolausbräuche im Lauf der Zeit an vielen Orten vom religiösen Kult über den ständig weltlicher werdenden Brauch manchmal bis hin zum reinen Spass, ja bis zum unverhüllten Kommerz entwickelt. Auch der Nikolaus hat heute seine eigenen Internet- oder E-Mail- Adressen und ist beispielsweise über www.nikolausdorf.de zu erreichen. In der Gemeinde Nikolausdorf trifft aber schon seit 1965 die offizielle Kinderpost an den Weihnachtsmann ein und wird dort auch beantwortet.
Doch gibt es selbstverständlich auch heute noch wie seit alters her die gläubige Verehrung des grossen Heiligen und Nothelfers, vor allem in den Kirchen und Kapellen, die ihm geweiht sind. Und das ist im europäischen Raum eine schier unzählbare Menge. Auch das ein Zeichen für seine grosse Beliebtheit.
Um das Nikolausfest am 6. Dezember sind viele Bräuche angesiedelt, Gestalten und Prozessionen, deren Herkunft bis heute Rätselaufgibt. Doch stellt sich in zunehmendem Mass heraus, dass viele dieser Erscheinungenauf jenen kirchlichen Texten basieren, die zum Festtag gelesen werden. Nikolaus ist einer der Volksheiligen Europas, einer, der von universaler Bedeutunggeworden ist. Eigentlich hat sich jede europäische Kultur mit ihm in einem fortgesetzten Zwiegespräch auseinandergesetzt, hat ihn irgendwo in die kirchliche Architektur, in die Skulptur oder in den Volksglauben aufgenommen.
Die Wanderstrassen seiner Verehrung haben sich dabei nicht um nationale Grenzen gekümmert. Vom süditalienischen Bari aus finden wir ihn über den Alpenpässen ebenso wie über den Pyrenäen oder Karpaten. Aber besonders an den Wasserstrassen entlang wurde er in die Welt getragen, ja man kann ihn geradezu als maritimen Heiligen sehen. Er wurde zum Patron der Schiffer ebenso wie ihrer Verkehrswege. Und wenn man an den grossen Strömen, an den Küsten der See oder der Binnenseen seine Kirchen aufsucht, so stellt man häufig fest, dass diese Türme wohl so etwas wie Seezeichen für den Schiffer gewesen sein mögen. Im osteuropäischen Raum wurde er vom lateinischen wie vom orthodoxen Ritus in Anspruch genommen. Er ist Russlands Nationalheiliger geworden und wurde dort mehr verehrt als St. Jakob bei den Spaniern, St. Martin bei den Franzosen oder St. Patric bei den Irländern. Der heilige Nikolaus: ein Heiliger jenseits aller Grenzen.